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Zeitver(sch)wendung? So funktionieren Lernzeiten in Unternehmen

Geschrieben von Laura Evers | Mi, 15.01.2020

Lernen findet immer häufiger direkt am Arbeitsplatz statt. Aber: Wann eigentlich? Vielen Mitarbeitern fehlt schlicht die Zeit, Neues zu lernen oder Schulungsinhalte zu festigen. Wie spezielle Lernzeiten dieses Problem in Unternehmen lösen können, erfährst du im Artikel.

Stetige Weiterbildung ist ein wichtiger Erfolgsfaktor für Unternehmen – und viele Mitarbeiter nehmen Lernangebote auch gerne an. Immer mehr Unternehmen setzen dafür auf moderne Methoden wie E-Learning und Mischungen aus Präsenz- und Online-Schulungen (Blended Learning). Die Idee von Weiterbildung ohne Seminarraum und Arbeitsausfall hat aber einen Haken: Zeit!

Motivation ist da – Zeit fehlt

Selbstgesteuertes Lernen setzt voraus, dass deine Mitarbeiter überhaupt die Zeit finden (oder bekommen), sich mit Unterlagen, Online-Kursen oder Lernvideos zu beschäftigen. An diesem Punkt scheiden sich schon die Geister: Gehört selbstgesteuertes Lernen überhaupt zur Arbeitszeit oder sollen Mitarbeiter in ihrer privaten Zeit lernen? Besonders die Trend-Methode E-Learning ist theoretisch perfekt dazu geeignet, auf dem Arbeitsweg oder von zu Hause aus zu lernen, statt am Arbeitsplatz.

Antworten liefert eine Studie von LinkedIn: 94% der Arbeitnehmer würden länger in einem Unternehmen bleiben, dass ihre berufliche Entwicklung unterstützt. 68% der Arbeitnehmer bevorzugen das Lernen am Arbeitsplatz und 58% möchten in ihrem eigenen Tempo lernen. Es lohnt sich also, in Lernzeiten am Arbeitsplatz für deine Mitarbeiter zu investieren – und damit in ihre Zufriedenheit!

Zeitver(sch)wendung am Arbeitsplatz?

Selbst bei Unternehmen, die Weiterbildung am Arbeitsplatz theoretisch unterstützen, sieht die Praxis oft anders aus: Führungskräfte finden in ihren Kalendern oftmals gar keine Zeit, um Lernen noch zwischen Tagesgeschäft, Telefonaten und Meetings einzuplanen. “Einfach mal Zeit nehmen” ist einfacher gesagt als getan bei einer Vielzahl wichtiger Termine.

Bei Mitarbeitern macht häufig auch die Unternehmenskultur einen Strich durch die (Zeit-)Rechnung: “Oft herrscht noch die Denkweise vor ‘Wenn ich nur in den Computer schaue, bin ich nicht produktiv!’. Für Führungskräfte, die zumeist mit einem eigenen Rechner in ihren Einzelbüros sitzen, ist das normaler. Aber auf der Ebene von Schichtleitern oder Produktionsmitarbeitern ist das ein starker kultureller Bruch, während der Arbeitszeit zum Lernen den Arbeitsplatz zu verlassen.” berichtet Unternehmenscoach Stefan Enzler im Interview über Mitarbeiter in KMU.

Die Lösung: Lernzeiten etablieren

Die Lösung sowohl für die zeitlichen als auch für die kulturellen Probleme kann die Einführung von speziellen Lernzeiten für deine Mitarbeiter sein. In dieser Lernzeit ist das Lernen nicht nur geduldet, sondern explizit erwünscht!

Lernzeiten bieten gezielt Freiraum für

  • vom Unternehmen vorgeschriebene Schulungen. Beispielsweise die Bearbeitung von E-Learning-Kursen oder die Vor- und Nachbereitung von Blended-Learning-Veranstaltungen.
  • selbstgewählte Lernthemen, die deine Mitarbeiter gerade für ihre alltägliche Arbeit brauchen. Beispielsweise Recherchen im Internet oder das Lesen von Fachliteratur.
  • Lerngruppen mit Kollegen, bei dem Wissen intern weitergegeben wird. Beispielsweise der Austausch zu gemeinsamen Prozessen oder zur Stärkung der Zusammenarbeit verschiedener Teams oder Abteilungen.

Lerngruppen mit Kollegen sind eine gute Möglichkeit, gemeinsame Lernzeiten in Unternehmen zu nutzen.

Für die Einteilung der Lernzeiten gibt es eine Vielzahl möglicher Modelle. Im Folgenden stellen wir dir drei Modelle mit ihren Vor- und Nachteilen vor:

  1. Feste Lernzeiten:

Deine Mitarbeiter haben feste Lernzeiten oder Lerntage (je nach Zeitkontingent). Beispielsweise “Lernzeit jeden Freitag von 9 bis 11”.

Vorteile:

  • Der Termin ist für alle Mitarbeiter bindend und kann nicht einfach verschoben oder vergessen werden.
  • Kein Mitarbeiter fühlt sich ‘unproduktiv’ oder muss sich rechtfertigen, warum andere Aufgaben gerade nicht erledigt werden.
  • Deine Mitarbeiter können einfacher Lerngruppen bilden ohne unterschiedliche Kalender abgleichen zu müssen.

Nachteil:

  • Das individuelle Lerntempo deiner Mitarbeiter wird hier nicht berücksichtigt: Nach “x Stunden” ist die Lernzeit vorbei, unabhängig davon, wie viel oder wie effektiv gelernt wurde. Auch Ausfälle, beispielsweise wegen Krankheit, werden nicht abgefangen.

 2. Halb-flexible Lernzeiten:

Deine Mitarbeiter haben ein festes Zeitkontingent, das innerhalb einer begrenzten Zeit als Lernzeit genutzt werden muss. Beispielsweise “x Stunden Lernzeit wöchentlich” oder “x Tage Lernzeit im Jahr”.

Vorteile:

  • Deine Mitarbeiter können ihre Lernzeit flexibel in ihren eigenen Kalender einplanen. Das vermeidet Kollisionen mit anderen wichtigen Terminen oder unterschiedlichen Arbeitszeiten (vor allem bei Schichtarbeit oder Gleitzeit).
  • Deine Mitarbeiter können ihr Lerntempo teilweise selbst bestimmen.
  • Mitarbeiter können Lernzeiten notfalls verschieben oder nachholen, statt sie ausfallen zu lassen – beispielsweise im Krankheitsfall.

Nachteil:

  • Die Gefahr: Deine Mitarbeiter planen die Lernzeit zwar ein, verschieben sie aber wegen anderer Aufgaben immer wieder oder lassen sie ganz ausfallen. Personalverantwortliche oder Führungskräfte müssen der Lernzeit eine hohe Relevanz geben, damit sie auch wirklich eingeplant und genutzt wird.

 3. Flexible Lernzeiten:

Deine Mitarbeiter haben die eigene Kontrolle darüber, wie viel Lernzeit sie tatsächlich benötigen. Beispielsweise “Lernzeiten in den Kalender eintragen, wenn du sie brauchst”.

Vorteile:

  • Deine Mitarbeiter können ihre Lernzeit komplett frei einteilen und sich genau dann Zeit für Schulungen oder Recherchen nehmen, wenn sie sie brauchen.
  • Selbstgewählte Lernthemen werden eingeplant, wenn sie akut sind, und nicht erst Tage oder Wochen später. Dadurch können Probleme direkt gelöst werden, wenn sie im Arbeitsalltag auftauchen.
  • Selbstbestimmtes Lernen im eigenen Tempo ist in vollem Umfang möglich.

Nachteil:

  • Flexible Lernzeiten setzen eine hohe Eigenverantwortung und Selbstregulierung deiner Mitarbeiter voraus, damit die Lernzeiten a) überhaupt eingeplant und b) produktiv genutzt werden. Personalabteilung und Führungskräfte müssen die Mitarbeiter daher gut einschätzen können. Für große Teams mit wenig persönlichem Kontakt ist diese Methode daher nur bedingt möglich.

Das sind wie gesagt nur drei Vorschläge aus einer Vielzahl an Möglichkeiten, Lernzeiten in Unternehmen zu etablieren. Welche Methode für dein Unternehmen am besten passt, musst du individuell entscheiden. Steht die Entscheidung fest, dass Lernzeiten für Mitarbeiter eingeführt werden sollen, solltest du daher am besten auch alle Führungskräfte und die Mitarbeiter selbst in die Entscheidung einbeziehen!

Die Ideale Verbindung: Lernzeiten + Präsenzzeiten

Ob feste Lernzeiten, halb- oder komplett flexibel: Lernzeiten am Arbeitsplatz unterstützen den Lernprozess deiner Mitarbeiter – und können dabei noch die Zufriedenheit erhöhen.

Besonders gut eigenen sich Lernzeiten für Blended-Learning-Konzepte: Dabei verbindest Online-Kurse am Arbeitsplatz mit klassischen Präsenzschulungen. Diese Mischung bietet sowohl eine hohe Flexibilität, als auch maximalen Lerntransfer bei minimalem Arbeitsausfall. Lernzeiten unterstützen deine Mitarbeiter dabei, Präsenztermine vor- oder nachzubereiten und gezielt Zeit für Transferaufgaben zu finden.

Du möchtest wissen, wie Blended Learning in Unternehmen funktioniert? In unserem kostenlosen Leitfaden “Blended Learning in Unternehmen” erfährst du, wie du das Konzept in drei Schritten umsetzt. In Kombination mit Lernzeiten bildest du so eine Mitarbeiter in Zukunft einfach und erfolgreich weiter.