Am Anfang jedes neuen Vorhabens steht immer eins: Die Zielsetzung. Im Training oder Coaching ist die besonders relevant, weil du nicht nur für dich, sondern auch gemeinsam mit deinen Teilnehmern Ziele festlegst. Johanna von blink.it hat sich im Rahmen ihrer psychologischen Abschlussarbeit intensiv mit der Idee ‘Führen durch Ziele” auseinandergesetzt. Erfahre jetzt, warum hier die gemeinsame Zielsetzung so wichtig ist und wie dir das als Trainer oder Coach gelingt!
Stell dir vor, du arbeitest in einem größeren Unternehmen, beispielsweise als Software-Entwickler. Eines Tages informiert dich die Personalentwicklung über ein neues Weiterbildungs-Angebot, das für dich interessant klingt. Du hast grundsätzlich Lust auf neue Perspektiven und meldest dich für das Training an. Welche Variante wäre dir lieber?
Und was denkst du als Trainer oder Coach? Die erste Variante ist auf den ersten Blick zeitsparender aus Sicht der Organisatoren – doch die zweite Variante bewirkt, dass sich der Mitarbeiter ernst genommen fühlt. Selbst wenn bei beiden Varianten das Ergebnis gleich bleibt, eine gemeinsame Absprache im Vorfeld des Trainings kann den gesamten Verlauf und dadurch das Ergebnis positiv beeinflussen.
Als zusätzlichen Anreiz kann die Führungskraft auch eine Prämie anbieten, wenn die gemeinsamen Ziel erreicht wurden.
Was hingegen für die klassische Zielsetzung (Variante A oben) spricht, ist die augenscheinliche Zeitersparnis. Klar, Termine zur Absprache müssen vereinbart und gehalten werden. Die Frage ist nur: Überwiegen die genannten Vorteile der gemeinsamen Zielsetzung? Besonders im Kontext einer Weiterbildung hat das Ziel hohe Priorität. Wer als Teilnehmer nicht selbst aktiv am Erreichen des (Lern)ziels arbeitet, wird es möglicherweise nicht erreichen.
Deshalb gilt: Ziele sind nur dann sinnvoll, wenn der Betroffene mit ihnen übereinstimmt. Oder anders gesagt: Ziele sind sogar kontraproduktiv, wenn sie dir von außen auferlegt werden. Eine gemeinsame Zielsetzung löst dieses Problem.
In ihrer Abschlussarbeit hat Johanna gemeinsam mit der Geschäftführung von blink.it deshalb ein Zielvereinbarungssystem entwickelt. Die Leitfrage dahinter: Wie sieht ein Prozess in unserem Unternehmen aus, in dem die Führungskraft gemeinsam mit einzelnen Mitarbeitern ein Ziel findet, verfolgt und auswertet?
Das Ergebnis von Johannas Projekt war ein Zielvereinbarungssystem aus vier Schritten:
Diese vier Schritte geben den Rahmen des Zielvereinbarungssystems und erläutern den Ablauf der Zielvereinbarung.
Wie genau ein gutes Ziel aussieht, klärt ein anderes Konzept, das du als Trainer oder Coach vielleicht schon kennst: Nach der Merkregel SMART sollte ein gutes Ziel folgende Bedingungen erfüllen:
Für das Zielvereinbarungssystem ist hier besonders der Punkt der Terminierung zu betonen: Ihr bestimmt eine genaue Dauer bis zum Erreichen des Ziels. Und zu einem festgelegten Zeitpunkt findet eine Rücksprache zwischen Mitarbeiter und Betreuer – beispielsweise dir oder einer Führungskraft – statt. Dabei können Probleme erkannt oder Fragen geklärt werden. Ein gemeinsamer Rückblick (Retrospektive) hilft beiden Seiten zu erkennen, was gut gelaufen ist und was vielleicht optimiert werden muss.
Als Letztes wollen wir die Art des Ziels klären: Hier kannst du vor allem zwischen Entwicklungs- und Leistungszielen unterscheiden. Bei ersterem geht es um eine persönliche Entwicklung, bei zweiterem konkret um das Erzielen einer Leistung.
Diese und weitere Arten von Zielen mit Beispiel:
Art des Ziels | Beispiel |
Leistungsziel | Ich erreiche im Jahr 2019 einen Umsatz von 500.000 Euro. |
Persönliches Entwicklungsziel | Ich lehne konsequenter Aufgaben ab, die zeitlich nicht zu machen sind. |
Aufgabenziel | Ich schreibe bis morgen einen Bericht über Thema XY, der drei Seiten lang sein soll. |
Innovationsziel | Ich entwickle eine Methode, die Berichte schreiben generell effektiver macht. |
Ressourcenziel | Ich schreibe Berichte fortan in 2,5 statt in 3 Stunden. |
Weiterführende Infos zu diesen verschiedenen Arten von Zielen findest du im Buch “Ziele formulieren” von Klaus Watzka. Überlege dir bei jedem Ziel, um welche Art es sich handelt – so kannst du besser einschätzen, welche Schritte dafür notwendig sind.
Jetzt hast du den Prozess mit Zielvereinbarungssystem, Bedingungen für gute Zielsetzungen sowie verschiedene Arten von Zielen kennengelernt. Wie aber kannst du als Trainer oder Coach dazu beitragen, dass eine Zielsetzung gemeinsam stattfindet?
Grundsätzlich kannst du im Vorfeld eines Trainings die Führungskraft und/oder Personalentwicklung auf die oben genannte Methode ansprechen und ihr die Vorteile erklären. Entscheidet sich dein Kunde dafür, diesen Weg mit den Teilnehmern des Trainings zu gehen? Dann kannst du beide Seiten auf die verschiedenen Schritte (s.o.) vorbereiten. Während der Laufzeit des Ziels kannst du außerdem als unabhängiger Dritter beratend zur Verfügung stehen.
Auch zwischen dir als Trainer/Coach und deinem Teilnehmer kann eine gemeinsame Zielsetzung sinnvoll sein: Was sind die Ziele des Trainings? Was genau soll der einzelne Teilnehmer zukünftig anders machen? Je nachdem, ob du eine Gruppe mit mehreren Teilnehmern leitest oder ob du Einzelcoachings machst, steht dir unterschiedlich viel Zeit für einen Teilnehmer zur Verfügung.
In Trainings mit einer Gruppengröße von über fünf Teilnehmern wird eine persönliche Zielvereinbarung schwierig bzw. irgendwann für deinen Kunden zu teuer. Hier kannst du anbieten, in der Gruppe das Zielvereinbarungssystem vorzustellen und anschließend die Gespräche einzeln im Webinar abzuhalten. So sparst du dir die Anfahrt.
Um noch mehr Zeit zu sparen, kannst du außerdem die Zwischengespräche streichen. Die gemeinsame Zielvereinbarung und Retrospektive sind aber wichtig und immer noch effektiver als eine Zielsetzung, die dem Mitarbeiter von außen aufgedrückt wird!
Ist dein Training oder Coaching so ausgelegt, dass dir genügend Zeit mit dem einzelnen Teilnehmer zur Verfügung steht, kannst du das Zielvereinbarungssystem voll ausschöpfen. Optimalerweise ziehst du auch hier eine Führungskraft des Teilnehmers hinzu – beispielsweise zu Schritt 1 (Vorbereitung) und Schritt 4 (Retrospektive). Nur so ist sichergestellt, dass auch nach deinem Training oder Coaching eine Person im Unternehmen bleibt, die das Ziel des Teilnehmers kennt und den Ablauf verfolgt hat.
Mehrere Feedbackzyklen sind hier besonders sinnvoll, um das beste Ergebnis zu erzielen und bei Bedarf nachzusteuern. Das bedeutet, dass ihr euch beispielsweise alle zwei Wochen trefft und über den aktuellen Fortschritt, mögliche Herausforderungen und Lösungen sprecht. Falls die Methode des Zielvereinbarungssystems im Unternehmen bisher noch unbekannt war, setzt du mit dieser intensiven Erstbetreuung ein gutes Exempel. So kann nach und nach die gesamte Belegschaft für diese Art der gemeinsamen Zielsetzung sensibilisiert und motiviert werden.
Auch ohne echten Gegenpart kannst du vom Konzept der gemeinsamen Zielsetzung profitieren: Schaffe Verbindlichkeit, indem du dir eine fiktive Zielvereinbarung mit dir selbst setzt. Lege dir Termine für die nächsten Wochen, um dir aktiv Zeit zu nehmen, deine eigenen Ziele zu überprüfen. Und hänge dir deine Ziele doch auch sichtbar in deiner Nähe auf, beispielsweise über deinem Schreibtisch!
Diese Tipps kannst du natürlich auch an deine Teilnehmer weitergeben, falls eine “echte” gemeinsame Zielvereinbarung mit dir oder einer Führungskraft nicht möglich ist.
Grundsätzlich sollte ein Zielvereinbarungssystem mindestens einmal live und persönlich stattfinden. Schließlich ist die Beziehungsebene bei dieser Methode besonders wichtig. Die Zwischengespräche kannst du außerdem bei Zeitknappheit auch telefonisch abhalten. Besonders das Erstgespräch – bei dem es zur eigentlichen Zielsetzung kommt – sollte jedoch persönlich stattfinden.
Wenn du diesen Blog liest, spielst du vielleicht mit dem Gedanken, dein Training oder Coaching online zu begleiten. Vielleicht hast du auch bereits eine Art Online-Akademie und setzt auf die Methode Blended Learning. In diesem Fall stehen dir ein paar zusätzliche Möglichkeiten der Zielsetzung zur Verfügung: