Vielleicht merkst du es auch. Der E-Learning Markt ist in ständiger Bewegung. Jedes Jahr werden neue Konzepte und Vorgehensweisen ins Rampenlicht gerückt. Eines davon ist Video. Zwar gibt es Video schon lange und es mag als Trend nicht mehr so glänzend erscheinen – Video hat es aber immer noch in sich! Was man in der betrieblichen Lehr- und Lernwelt früher nur von VHS Kassette und CD kannte ist nun überall erreichbar. In den letzten 10 Jahren ist es plötzlich technisch viel einfacher und kostengünstig geworden, eigene Videos zu produzieren und vor allem zu verteilen. Das gibt dir als Akteur in der betrieblichen Aus- und Weiterbildung die Chance, Video für deine Trainingsmaßnahmen einzusetzen.
Im März habe ich in dem Artikel “Mehr bewegen mit bewegtem Bild - Videos für dein Training” insgesamt neun Videoarten vorgestellt, die du in deinem Training einsetzen kannst.
In vier dieser neun Videoarten bietet es sich an, selbst vor die Kamera zu treten (Stil 1,2,8 und 9). Ich würde dir nahelegen mit genau diesen Anzufangen, weil du nur deine Smartphone-Kamera und dich selbst brauchst. Wenn du ein bisschen Erfahrung gesammelt hast, kannst du einen Blick in den Artikel werfen und weitere Ideen umsetzen.
Es ist wichtig, dass du bei den ersten Videos nicht zu lange Ideen sammelst, sondern so schnell wie möglich mit den ersten Aufnahmen experimentierst. Konstantin hat in einem kurzen Video vorgestellt, wie dein erster Testlauf aussehen könnte:
So wie im Video vorgestellt, sind die drei wichtigsten Zutaten für deinen ersten Dreh:
Hast du deine erste Aufnahme gemacht? Die erste Aufnahme wird selten das Video sein, das am Ende veröffentlicht wird. Vor die Kamera zu treten kann eine ungewohnte Erfahrung sein. Wie bei dem öffentlichen Reden gewöhnt man sich mit zunehmender Übung und verbessert die Leistung. In den Workshops höre ich häufig die Sorge, ob das Video “gut genug” sei. Meiner Erfahrung nach erwartet keiner bei einem Trainingsvideo eine Videoproduktion auf Hollywoodniveau – stattdessen nur ein helles Gesicht und gut verständlichen Ton. Dein persönlicher Touch, den du in einem Video einfangen kannst und der Inhalt sind viel wichtiger als Hochglanzproduktion. Was du erreichen möchtest ist die technisch minimal-beste Qualität.
Videos können auf verschiedene Art und Weise im Kontext von betrieblichen Lernen angeboten werden. Bevor die Diskussion gestartet wird, ob ein Video gut (bzw. gut genug) ist, solltest du zunächst klären, warum das Video eingesetzt wird. Video ist kein Selbstzweck und auch kein Allheilmittel. Du kannst dir Videos zu einem mächtigen Verbündeten für deine Trainingsangebote machen, wenn sie…
1. Ziel und Zielgruppe: Mache dir Gedanken zu deinem Ziel und zu deiner Zielgruppe. Diese Fragen können dir helfen:
Wenn dir auffällt, dass du mehrere Kernaussagen für das Video gesammelt hast, dann konzentriere dich lieber auf eine Kernaussage pro Video, statt zu viele Inhalte in ein Video zu quetschen.
2. Den Inhalt verpacken: In deinem Video willst du nicht nur die Fakten vortragen. Gibt es eine Geschichte in die du den Inhalt einbetten kannst? Hier eine Erklärung von Storytelling in einem Video per Video. Überlege dir, wie du dein Video eröffnest. Fallen dir Metaphern, geistige Bilder ein, die du in dem Video aufnehmen möchtest? Was passiert am Ende des Videos? Wissen deine Teilnehmer, was sie als nächstes tun sollen?
3. Erstelle Einblendungen: Falls du an bestimmten Stellen im Video neben dir eine Einblendung erscheinen lassen möchtest, bereite diese Bilder nun vor. Zeichne auf Papier und scanne die Zeichnungen ein oder nutze digitale Bilddateien.
4. Erstelle dein Kurzskript: Notiere dir stichpunktartig dein Vorgehen. Formuliere den gesprochenen Text nicht vollständig aus. Während der Aufnahme wirst du frei Sprechen. Das wirkt viel natürlicher. Das Kurzskript hilft dir dabei, die Struktur festzulegen.
5. Übe den Inhalt mit dem Kurzskript: Je mehr Übungszeit du hast, desto besser. Dein Skript solltest du zwei oder drei Mal durchsprechen, damit du dir die Inhalte einprägst und frei vortragen kannst. Wusstest du, dass TED Speaker sich teilweise mehrere Stunden auf eine zwanzigminütige Präsentation vorbereiten? Kein Wunder, dass solche Präsentationen gut wirken. Jeder Moment ist genauestens eingeübt. So viel Übungszeit musst du nicht investieren, trotzdem ist die Vorbereitung eine Schlüsselkomponente für deine Videos.
6. Equipment aufbauen und Set einrichten: Es geht los. Baue das Equipment auf. Im Artikel “Studioqualität in den eigenen vier Wänden” gehe ich auf den Aufbau ausführlicher ein. Wenn du regelmäßig Videos erstellst, dann besorge dir zusätzlich ein Stativ, eine Halterung, eine Lichtquelle und ein Ansteckmikrofon. Schreib mir eine Mail oder hinterlasse ein Kommentar und ich schicke dir gerne eine Einkaufsliste, um die Sachen bequem zu bestellen.
Richte dein Set sparsam ein. Fange am besten mit einem neutralen Hintergrund an. Dem Set kannst du in späteren Videoaufnahmen mehr Aufmerksamkeit schenken und verschiedene Settings ausprobieren (z.B. am Schreibtisch oder an einem Stehtisch). Die ersten Aufnahmen sind im Stehen vor einer neutralen Wand am erfolgreichsten.
7. Ruhe am Set! Klappe! Action!: Schaffe dir eine ruhige Umgebung und leg los. Starte deine Videoaufnahme. Vermeide Bewegungen mit den Armen zum Start und leg einfach los. Wenn du dich verhaspelst oder einen Aussetzer hast, dann mach einfach erstmal weiter. Mit jedem lockeren Durchgang prägst du dir besser ein, was du sagen willst und machst es dann bald routiniert.
8. Das Video schneiden: Nach der Aufnahme sammelst du alle Materialien, die du in das Video einfügen möchtest. Du beginnst mit dem groben Schnitt am Beginn und Ende. Du sichtest das Video, ob andere Stellen rausgeschnitten werden müssen. Dazu verwendest du eines der vielzähligen Schnittprogramme. Die Schnittprogramme Adobe Premiere Elements, Camtasia oder Magix Video führen dich alle zu dem gleichen Ergebnis. Anschließend fügst du die Einblendungen in das Video ein und setzt Überblendungen, wo es nötig ist. Das sind die wichtigsten Schritte in der Videobearbeitung. Auf unserer Akademie haben wir einen Kurs, der dir die einzelnen Schritte beschreibt.
9. Das Video veröffentlichen: Wenn das Video fertig bearbeitet ist, dann exportierst du das Video, zum Beispiel als mp4 Videoformat und dann veröffentlichst du es anschließend.
10 Zurücklehnen und Freuen! Das erste Video ist geschafft. Je mehr Videos du erstellst, desto einfacher und schneller wird dieser Prozess ablaufen.
Hier noch einige Videobeispiele, die du selber auch produzieren kannst:
Wo geht die Reise hin? Deine Videos können die Grundlage für deine erste Onlinebegleitung sein oder du nutzt die Videos in einem Blended Learning Format.
Damit möchte ich aber gerne den Abschnitt der Videoerstellung schließen und mich dem Thema des Trainings-Einsatzes deiner Videos widmen.
Nachdem du dein Video mit den 10 Schritten des vorigen Abschnitts im Kasten hast, möchte ich jetzt gerne die Frage beantworten, warum Videos im Training eine gute Idee sind. In dem Artikel “Lernen und Arbeiten mit Videos” habe ich im Februar ausführlicher über Einsatzgebiete und den Zweck von Video geschrieben.
Hier die wichtigsten Punkte in Kürze:
Menschen lernen sehr schnell durch Beobachtung. In einer Videoaufnahme kannst du hervorragend Abläufe und Handlungen vormachen. Der Zuschauer lernt von deiner Demonstration und hat die Möglichkeit, diese wiederholt zu betrachten und im Video hin- und herzuspringen. Auch wenn du etwas im Training vormachst, dann kannst du es später per Video als Erinnerung zur Verfügung stellen. Ideal, wenn deine Zielgruppe wenig Vorwissen hat und zunächst Grundlagen aufbauen soll. Aufnahmen können eine persönliche Demonstration sein, eine Bildschirmaufnahme (z.B. die Schritte in einer Software) oder ein Rollenspiel.
Kompetenzentwicklung ist mehr als nur das Lernen isolierter Fähigkeiten. Üben und Handlung in verschiedenen Situationen ist Voraussetzung für Kompetenzentwicklung. In diesem Zusammenhang können Videos für als Arbeitswerkzeug eingesetzt werden. Ein Beispiel ist die Schulung von Vertriebsmitarbeiter. Videos sind auf der einen Seite Lernmaterial (z.B. Darstellung von Best-Practice), auf der anderen Seite sind selbst erstellte Videos die treibende Kraft der Kompetenzentwicklung. Vertriebler nehmen mit ihrem Smartphone am Ende der Woche kurze Videosequenzen auf. Sie rekapitulieren für sich persönlich, wie die Woche gelaufen ist. Wo lagen die Herausforderungen? Was nehme ich mir vor für die nächste Woche? Was ist gut gelaufen? Wo benötige ich Unterstützung? Diese persönliche Rekapitulation kann auch mit anderen Teilnehmern geteilt werden, um eine Diskussion und einen Austausch zu ermöglichen.
In eine ähnliche Richtung geht das Teilen von Wissen, Meinungen oder Ideen mit Hilfe von kurzen Videonachrichten. Im Vergleich zu der Kompetenzentwicklung sind die Videos nicht so stark in den (Trainings-)Prozess eingebunden. Auch diese Videos werden mit dem Smartphone selbst aufgenommen. Immer mehr Unternehmen bieten eigene soziale Netzwerke à la Facebook (sog. Enterprise Social Networks), in welchen auch Videoinhalte mit Kollegen und in Interessensgruppen geteilt werden sollen. Das Video erweitert die Kommunikationsmöglichkeiten.
In diesem Anwendungsfall begleitest du den Teilnehmer durch dein Training, so wie es ein Moderator bei einer Fernsehsendung macht. Videos sind nicht unbedingt das beste Medium, um Richtlinien oder Berichte vorzustellen. In einem Video kannst du aber sehr gut Geschichten erzählen und die Trainingsinhalte in ein Szenario einbetten. Nehmen wir an, in einem Training soll ein Handbuch von den Teilnehmern genutzt werden. Das Handbuch ist ein etwas längerer Text, der nicht sehr ansprechend ist. In dem Fall könntest du vor die Kamera treten und in 30-60 Sekunden erklären, wie das Handbuch in einem bestimmten Fall eingesetzt wurde und warum der Teilnehmer einen Blick auf das Pdf mit dem Handbuch werfen soll. In einem Video kannst du über die soziale Beziehung den Teilnehmer eher von einer Handlung überzeugen, als wenn du es nur in einer Beschreibung per Text darstellst. Du kannst mit diesem Moderationsstil die Geschichte über mehrere Lerninhalte ausdehnen, Lerninhalte verknüpfen, rekapitulieren, diskussionswürdige Fragen aufwerfen und Rückmeldungen geben.
Erwachsene lernen anders als Schüler. Das gilt insbesondere für die Aus- und Weiterbildung. Ich möchte dir kurz die wichtigsten Lernprinzipien und Bedingungen vorstellen. Diese solltest du bei deinen Videos und auch generell bei deinen Kursen im Hinterkopf behalten.
Ich bin zufällig über den mmb-Trendmonitor I/2017 vom April 2017 gestolpert und war freudig überrascht, denn dieser widmet dem Thema Video im betrieblichen Lernen mehrere Passagen.
Hier die Ergebnisse einmal kompakt (weiter unten ausführlicher):
Unsere Philosophie für den Erfolg? Lernformen kombinieren und einen Mehrwert für den Teilnehmer schaffen! Schreib mir eine Mail oder hinterlasse ein Kommentar und sage mir, wie ich dich bei deinem ersten Video unterstützen kann.
Der mmb-Trendmonitor I/2017 vom April 2017 widmet dem Thema Video im betrieblichen Lernen mehrere Passagen. Zu den 74 befragten Experten zählen Dienstleister, Produzenten, Berater und Nutzer in der betrieblichen Aus- und Weiterbildung.
Der erste Abschnitt unterstreicht sehr deutlich, welche Lernformen gefragt sind. Blended Learning (96%), Videos/Erklärfilme (93%) und Micro-Learning (87%) stehen an der Spitze. Gefragt wurde, welche Lernformen in den kommenden drei Jahren Bedeutung für das betriebliche Lernen haben. Interessanterweise hat sich das mmb erst 2016 dazu entschieden Lernvideos/Erklärvideos in die Liste mit aufzunehmen.
Ich zitiere aus dem Bericht: “Manche Lernformen erscheinen den E-Learning-Nutzern so selbstverständlich, dass sie gar nicht unbedingt als eigene Gattung wahrgenommen werden. Lernvideos bzw. Erklärfilme werden schon seit vielen Jahren in WBTs oder Websites zum Lernen eingebettet und in Lernmanagementsystemen als Stream oder Download zu Verfügung gestellt. Doch spätestens mit der zunehmenden Popularität des Video-Portals „YouTube“ werden Lernfilme auch als eigenständige Lernmedien vor allem für das informelle Lernen genutzt.”
Video ist eben ein beständiger Partner im E-Learning, der nicht plötzlich auf die Bühne getreten ist, sondern sind kontinuierlich entwickelt hat. Wir freuen uns über diese Tatsache, da dies genau unserer Philosophie entspricht.
Eine weitere Überschrift im Bericht lautet “Videobasiertes Lernen wird ernst genommen”. 81% der befragten Experten schreiben dem videobasierten Lernen mit Youtube-Style Videos eine dominante Rolle in der betrieblichen Aus- und Weiterbildung zu.
Aus den vorherigen Abschnitten sollte hervorgegangen sein, dass Video eine wichtige Stellung in der betrieblichen Aus- und Weiterbildung einnimmt. Doch wie steht es um das wirtschaftliche Potenzial? Der Bericht widmet sich auch dieser Frage. Der Spitzenreiter Mobile Anwendungen/Apps bekommt von 85% als “kommerziell sehr erfolgreich” eingestuft. Gefolgt von Blended Learning (74%), Micro-Learning (72%) und Videos/Erklärfilme (70%).