Wie sieht ein modernes Trainingsportfolio aus? In der Regel gehören die Klassiker dazu: Vorträge, Seminare und Tagesveranstaltungen. Im Zuge der Digitalisierung werden Trainer und andere Learning Professionals vermehrt neue Aufgaben bekommen und diese neuen Anforderungen werden sich auch im Trainingsangebot widerspiegeln. Im Mittelpunkt stehen Begleitung und Unterstützung. Erreicht wird das über verschiedene Formate und Methoden, wie Workshops (z.B. das World-Cafe), Webinare, Blended Learning Konzepte, tutorielle Unterstützung, als Content Curator oder auch als Administrator einer Lern-Community.
Durch diese vielfältigen Möglichkeiten dürfte sich ein modernes Trainingsportfolio für jedes Trainingsthema etwas unterschiedlich zusammensetzen. Jede Trainingsmaßnahme hat eine bestimmte Ausrichtung, also eine oder mehrere Zielsetzungen. Im Gegenzug lassen sich diese Trainingsziele, Erwartungen und Kundenwünsche sehr konkret formulieren:
Der Weiterbildungsmarkt ist in Bewegung und das Berufsbild des Trainers und Personalentwicklers verändert sich. Dieser Übergang vom klassischen Trainingsangebot zu einem modernen Trainingsangebot kann Trainern, Beratern und Coaches Kopfschmerzen bereiten. Wirft man einen Blick auf das Kongressprogramm der Learntec 2017 oder in die Zusammenfassung der Learning2016 von Elliot Masie bekommt man schnell einen Überblick, welche Themen im Moment gefragt sind.
Wie begegnest du als selbstständiger Trainer, selbstständige Trainerin oder als Mitarbeiter/in in einem kleinen Trainingsinstitut diesem Wandel? Im Interview stellt Zach Davis vor, wie er sein Trainingsportfolio entwickelt hat, welche Vorteile er für sich persönlich sieht und mit welchen Fragen er bei der Arbeit konfrontiert wird (ca. 6 Minuten):
Weiter unten findest du das gesamte Transkript des Interviews. Ich möchte dir nun die wichtigsten Punkte des Interviews zusammenfassen:
Für Herr Davis ist E-Learning kein Selbstzweck. Als er anfing war er mit der Frage konfrontiert, was nach seinen Veranstaltungen passiert. Wie sollen die Teilnehmer die Inhalte an ihrem Arbeitsplatz umsetzen? Er hatte bemerkt, dass diese Frage des Trainingstransfers auch für seine Kunden eine große Bedeutung hat. Der Schlüssel für mehr Nachhaltigkeit für seine Präsenzveranstaltungen lag in der Onlinebegleitung per E-Learning. Über blink.it konnte er seine Teilnehmer auch nach der Präsenzveranstaltung über Zeiträume von Wochen und Monate begleiten. Sein Ziel war es, den Trainingstransfer und die Nachhaltigkeit der Maßnahmen in den Mittelpunkt des Trainingsangebots zu stellen. Dabei erweiterte er sein bestehendes Trainingsportfolio Schritt für Schritt um E-Learning Inhalte. Die Onlinebegleitung der Kurse thematisiert vor allem die Fragen: “Was passiert nach dem Training?”, “Wie kann ich meinen Teilnehmern dabei helfen, die Inhalte umzusetzen?”.
Diese unterstützenden E-Learning Inhalte waren zunächst nur E-Mails in der Nachbereitung. Danach folgten Videoinhalte und Reflexionsfragen. Um die Onlinebegleitung gebündelt und benutzerfreundlich an die Teilnehmer weiterzugeben, entschied sich Zach Davis für den Einsatz von blink.it. Ein weiterer Faktor war für ihn, dass auch seine Mitarbeiter, die keine E-Learning Autoren sind, die Plattform administrieren können sollen. Sein klassisches Trainingsangebot bleibt weiterhin bestehen, denn es gibt immer noch Kunden, die nur ein 4-stündiges Seminar mit guter Bewertung wünschen.
Zach Davis konzentriert sich bei seiner Begleitung auf die Vorbereitung und Nachbereitung seiner Trainings, um den Transfer sicherzustellen. Wenn du dich fragst, welche Barrieren den Transfer behindern, wirf einen Blick in diesen Bericht der Hochschule Neu Ulm. In Absprache mit dem Kunden versucht er zum Beispiel 50% der Zeit für die Präsenz einzuplanen, aber entsprechend auch 50% für die Begleitung. Je nach Kundenwunsch können das dann Inhalte für die Vorbereitung oder in der Nachbereitung sein.
Das gemeinsame planen mit dem Kunden führt zu mehreren Vorteilen. Die Kundenzufriedenheit und die Kundenbindung wird dadurch verbessert. Der Kunde das Training in der Form ausgeliefert, so wie er sich das wünscht und kann Schwerpunkte bestimmen. Dieses Vorgehen ermöglicht auch eine Skalierung des Trainingsangebots. Es wird nicht mehr nur der Tagessatz verkauft, sondern der Tagessatz in Kombination mit der Begleitung. Die Wissensvermittlung von Grundlagen muss nicht unbedingt im Seminar stattfinden, denn über den Tagessatz ist das relativ teuer und nebenbei nicht sehr effektiv (man bedenke z.B. den Spacingeffekt des Lernens). Stattdessen werden die Onlineinhalte für die Grundlagen des Trainings einmalig produziert und wiederholt eingesetzt. Für unterschiedliche Zielgruppen lassen sich die gefragten Inhalte ergänzen. Wenn es über die Grundlagen hinausgeht, dann kann der Informationsbedarf vor dem Präsenztermin z.B. mit einem 45-minütigen Webinar gedeckt werden. Das ist wesentlich günstiger für alle Beteiligten, da Anreise etc. entfällt und die Teilnehmer vom Computer am Arbeitsplatz mitmachen können. Die Teilnehmer freuen sich auch, denn sie müssen nicht den ganzen Tag in einem Seminar verbringen, während sich die nachzuholende Arbeit ansammelt. Die Teilnehmer können selbst bestimmen, wann sie sich mit den Lerninhalten auseinandersetzen. Hier könnte der Einwand folgen: “Das machen die sowieso nicht”. Dabei handelt es sich um einen Schluss von Einzelfälle auf die Gesamtheit. Denn diejenigen, die nach einem Seminar die Auseinandersetzung mit der Onlinebegleitung meiden, machen das auch nicht bei einem Seminar oder eine anderen Trainingsmaßnahme. Trainingsteilnehmer, die den Vorteil und die Wirkung von kleinen, kurzweiligen Inhalten (Übungen, Umsetzungsrezepte, Reflexionsfragen) in der Nachbereitung erkennen, die finden die Zeit (oder bekommen die Zeit eingeräumt) um diese Inhalte zu nutzen.
Der Tagessatz war bisher der bestimmende Umsatzhebel im Training. Dieser Tagessatz ist aber direkt mit dem Zeiteinsatz gekoppelt und damit nicht skalierbar. Jeder Mensch hat nur 24 Stunden und 365 Tage im Jahr zur Verfügung. Mit einer Onlinebegleitung wird nicht mehr nur der Tagessatz berechnet, sondern der Tagessatz plus die Begleitung. Gegenüber dem einfachen Tagessatz hat die Onlinebegleitung den Vorteil einmal erstellt und mehrfach verkauft zu werden. Als entsprechendes Produkt gestaltet kann mit einem Tag der Anwesenheit der Umsatz mehrerer Tage generiert werden. Die Preise pro Teilnehmern sollten je nach Aufwand und Umfang der Begleitung festgelegt werden. Für dich als Trainer ist es möglich mehrere Gruppen parallel zu betreuen, ohne vor Ort zu sein, was dir erheblich Reisezeit einspart.
Welche Erfahrungen hast du gemacht? Teilst du Zach’s Beobachtungen? Schreib uns ein Kommentar oder schick uns eine Mail. Wir würden uns gerne mit dir austauschen.
Michael Witzke: Ja hallo, ich bin heute hier mit Zach Davis. Erstmal herzlichen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast heute hier zu sein. Wir wollen ja ein bisschen darüber sprechen was man mit Onlinebegleitung Blended Learning einfach machen kann und auch was für Potenziale als Trainer ganz speziell da existieren. Und damit dich vielleicht das Publikum erstmal kennenlernt, vielleicht mal so ein paar Worte zu dir. Wer du bist du eigentlich?
Zach Davis: Vielen Dank für die Einladung. Ich habe nach einem BWL-Studium und ein paar Jahren in der Human Resources Beratung, also Personalberatung bei einer Unternehmensberatung, ein Trainingsinstitut gegründet. Das heißt ich habe mich selbstständig gemacht. Damals schon Institut genannt, mittlerweile ist es auch ein bisschen größer, spezialisiert auf das Thema persönliche Effektivität, Produktivitätssteigerung, Arbeitsentlastung. Das war im Jahr 2003 und gebe seitdem Seminare und Vorträge zu diesem Thema, zum Themenkomplex Zeitmanagement oder Zeitintelligenz, wie ich es ganz gerne nenne, und beschäftige mich mit Themen wie Umgang mit Fremdsteuerung, gestiegenen Anforderungen, Informationsflutbewältigung und liefere pragmatische Lösung dazu.
Michael Witzke: Das heißt du bist jetzt schon ein bisschen länger am Markt und hast auch schon so ein bisschen Erfahrung. Was hat sich deiner Meinung nach in den letzten Jahren verändert im Weiterbildungsmarkt?
Zach Davis: Ich glaube, dass sich vor allem zwei Dinge verändert haben. Das eine ist die Anforderung bzw. die genauere Prüfung des Kunden, des Auftraggebers was bringt diese Maßnahme tatsächlich. Also ein bisschen weg vom Budgetdenken, was ich schon immer ein wenig kritisiere. Dass man Geld ausgibt, wenn man das Budget gerade hat. Oder wenn man das Budget nicht hat, wenn die Zeiten schwieriger sind, weniger Geld zur Verfügung steht, das Investment nicht macht. Für mich die entscheidende Frage: Lohnt sich das Investment in die Weiterbildung, in die Personalentwicklung? Wenn ja, sollte man das Geld ausgeben? Egal, ob man gefühlt gerade viel oder wenig Budget hat. Und wenn sich das Investment sich nicht lohnt, dann sollte man auch darauf verzichten. Dass ist das eine, das ist sozusagen das Prüfen von der finanziellen oder rendite Seite her. Und das andere ist, die respektive Rahmenbedingungen, dass die Ausfallzeiten glaube ich mehr wehtun, noch mehr als das früher der Fall war. Also der Trend geht ganz klar weg von drei oder zweitägigen Seminaren hinzu eintägigen Seminaren. Und am liebsten hätten die Teilnehmer, die Auftraggeber das Ganze in zwei Minuten oder in Form einer Tablette.
Michael Witzke: Jetzt hast du aber wahrscheinlich früher doch auch klassisch mit zwei Tagesseminaren oder so angefahren. Was war denn deine persönliche Motivation nach mehr zu suchen? Also dass man noch mehr machen kann?
Zach Davis: Für mich ging es gar nicht so sehr darum, dass ich unbedingt ein Angebot im Bereich E-Learning oder Blended Learning haben muss, weil der Trend dorthin geht. Das ist zweifellos der Fall, sondern für mich ging es um die Frage, wie kann ich es Teilnehmern leichter machen mehr umzusetzen. Denn machen wir uns nichts vor, ich spreche über meine eigenen Trainings. Angenommen jemand hat in einem, sei es ein oder zweitägiges Training, 40 Zeitspartipps bekommen, gemeinsam erarbeitet oder von mir oder von den anderen teilnehmern und möchte davon viele dieser Punkte umsetzen. Wenn man sechs Monate später oder zwölf Monate später fragt, was sich wirklich geändert hat oder sogar versucht es seriös zu messen, dann ist die Antwort oft sehr ernüchternd. Wenn die Teilnehmer sagen, 2-3 Punkte mache ich heute noch anders, dann hat man schon einen ganz guten Job gemacht. Der Trainer und die Teilnehmer zusammen.
Michael Witzke: Wie kann ich mir das jetzt vorstellen? Wie setzt du die Onlineinhalte in deinem Seminarkontext ein?
Zach Davis: In erster Linie im Anschluss an die Präsenz. Es gibt klare Untersuchungen die zeigen, dass wenn der Fokus in der Konzeption und auch zeitlich weg geht von nur Präsenz, Fokus auf die Präsenz hin zu Fokus auf die Frage: “Was passiert nach der Präsenz?”, dass dann die Umsetzungsquote und die Wirksamkeit deutlich nach oben geht. Und meistens, klassischerweise wird wenig Zeit in die Vorbereitung reingesteckt, in das vor der Präsenz, dann gibt's die Präsenz und danach vielleicht auch ein Gespräch mit dem Vorgesetzten, wobei das oft keine große inhaltliche Tiefe hat. Und wenn man stattdessen hingeht und sagt die Präsenz macht vielleicht nur 50% aus, beispielsweise kann höher oder niedriger sein der Anteil, und 50% des Zeitaufwandes, der Planung, der Energie geht in das Danach. Die Frage, wie man es umsetzt. Dann geht natürlich auch die Wirksamkeit, die Umsetzungsquote, nach oben.
Michael Witzke: Ok, verstehe. Jetzt für dich als Trainer, als jemand der vor der Gruppe steht, was für Vorteile ergeben sich dann für dich daraus? Dafür, dass du das jetzt mit Onlinemaßnahmen machst. Also gibt es handfeste Vorteile die du davon hast?
Zach Davis: Naja, zum einen die Zufriedenheit der Teilnehmer und somit die Zufriedenheit der Kunden, das heißt die Kundenbindung ist stärker. Und wenn man das einfach aus der eigenen wirtschaftlichen Brille heraus betrachtet, dann gibt's natürlich Möglichkeiten der Skalierbarkeit. Will heißen, bisher, in der Vergangenheit, angenommen ich kriege, nochmal ein Beispiel, eine Anfrage 100 Führungskräfte zum Thema Zeitmanagement zu schulen. Und die gehen davon aus, dass wir das in Zehnergruppen tun. Mal zwei Tage. Dann sind wir bei 20 Trainingstagen und ich biete einen Tagessatz von x an, vielleicht geht man von 2000 Euro oder was auch immer aus, also 40 000 Euro Investment. Und jetzt gehen wir hin und machen nur einen Tag, manchmal sogar nur einen halben Tag und das in zwanziger Gruppen, weil wir nicht das komplette Wissen in der Präsenz vermitteln müssen. Dann sprechen wir von wesentlich weniger Präsenztagen. Gut für den Kunden, geringere Ausfallzeiten. Gut für mich, weil ich weniger Einsatzzeit habe und entsprechend dann ein Großteil der Umsetzung dann eben logischerweise danach oder der Begleitung danach passiert und das online gestützt.
Michael Witzke: Heißt das denn jetzt auch, wenn du nicht so großen persönlichen Zeitaufwand hast, dass natürlich auf die Preise automatisch verfallen?
Zach Davis: Im Sinne des Tagessatzes?
Michael Witzke: Oder im Sinne des Gesamtpaketes?
Zach Davis: Nein, also mein Umsatz ist relativ konstant geblieben in den letzten Jahren. Der Unterschied ist, dass ich aber nicht wie es lange Zeit der Fall war 140 bis 160 Einsätze im Jahr habe. Davon ein großer Anteil Tagesseminare, also wenn ich zwei Tage Seminar macher, dann zähle ich zwei Einsätze. Und lange Zeit war es eben um die 150 Einsätze pro Jahr. Was zwar klingt nach Erfolg und vielleicht auch ist, aber vielleicht auch nicht erstrebenswert ist. Und mittlerweile habe ich deutlich unter 100 Einsätze pro Jahr bei ungefähr gleichem Umsatz. Ich glaube allein daraus kann man errechnen, dass das wirtschaftlich ein Schritt nach vorne ist bei höherer Kundenzufriedenheit.
Michael Witzke: Das heißt sozusagen für mich als Trainer besteht die Chance darin, dass ich entweder bei gleich großen persönlichen Zeitaufwand das gleiche verdiene oder dass ich mit weniger persönlichen Zeiteinsatz das Gleiche verdiene.
Zach Davis: Genau, für mich ging es eher darum, die Umsätze die da sind, einigermaßen konstant zu halten. Plus, minus - aber dass bei weniger Abwesenheiten. Ich habe eine Familie, wir haben vier Kinder. Es ist schön, die auch ab und zu zu sehen. Und ganz persönlich gesprochen, es ist ein großer Unterschied, ob man vier Tage unterwegs ist oder zwei Tage und natürlich gibt es Wochen, wie diese Woche zum Beispiel, wo ich vier Tage unterwegs bin, von montagabend bis freitagabend, aber es ist mittlerweile eher die Ausnahme als die Regel.