Blended Learning ohne Präsenz – Funktioniert das? [Interview]

4 Min. Lesezeit
Mi, 15.04.2020

Blended Learning komplett online durchführen – funktioniert das? Michael Witzke, Geschäftsführer bei blink.it, hat an einem solchen Training mit Online-Präsenzphase teilgenommen und berichtet von seinen Erfahrungen aus Teilnehmersicht:

michael-witzkeZur Person: Michael Witzke ist Geschäftsführer bei blink.it und Experte für digitale Weiterbildungsformate. Er hält seit Jahren auf Veranstaltungen wie der Learntec Vorträge zum Thema Blended Learning und Videodreh für Online-Kurse, und nimmt selbst regelmäßig an Weiterbildungen im Präsenz-Online-Mix teil.


  Du hast letzte Woche selbst an einem Online-Blended-Learning zum Thema OKR (Objectives and Key Results) teilgenommen, bei dem auch die Präsenzphase digital war. War dieses Format so geplant?

Nein, das kam jetzt aus der Corona-Krise heraus. Ein Präsenztermin mit 16 Teilnehmern war einfach nicht möglich. Es war von Anfang an geplant, dass es einen vorbereitenden Online-Kurs vor der Präsenz gibt. Im Online-Kurs haben wir uns die Theorie zu OKRs angeeignet. Das passte auch perfekt zu meiner Erfahrung: Man muss keine Theorie mehr in Präsenz vermitteln! Für mich war das sehr cool, da ich das Thema dann schon mal direkt auf unsere Praxis bei blink.it beziehen konnte.

  Wie lief dann der Live-Termin ab und welche Inhalte wurden dort behandelt?

Insgesamt waren es 8 Stunden im Video-Termin, also ein ganz normaler Seminartag. Im Live-Teil gab es ein einstündiges Wrap-Up zu den Inhalten aus dem Online-Kurs, um alle Teilnehmer auf einen Wissensstand zu bringen. Leider hatten einige Teilnehmer die Vorbereitung nicht erledigt. Dann folgte eine Stunde vertiefende Theorie. Anschließend haben wir tatsächlich praktische Übungen gemacht.

  Wie wurden die praktischen Übungen online realisiert?

Die Übungen wurden, wie der ganze Termin, über Zoom gemacht. Bei Zoom gibt es die Funktion “Break-Out-Rooms”. Dadurch ist der Moderator in der Lage, die Gruppe in beliebige Kleingruppen einzuteilen. Unsere Aufgabe in den Kleingruppen war dann, die OKR-Theorie direkt auf ein Thema anzuwenden. Um die Ergebnisse zu visualisieren haben wir das Tool “Miro-Board” benutzt. Das führte zu einigen Problemen bei den Teilnehmern und hat Zeit gekostet, da nicht alle direkt auf das Miro-Board zugreifen konnten.

  Das Online-Training ging über 8 Stunden. Wie fandest du das als Teilnehmer?

Wie bei einem normalen Präsenztermin gab es natürlich auch Pausen zwischendurch. Insgesamt fand ich es ein bisschen anstrengender, weil ich viel fokussierter war als in einem Präsenzraum, bei dem es einfach auch mehr Ablenkungen gibt, durch E-Mails oder andere Teilnehmer.

Dafür spart so ein Online-Training natürlich Zeit: Eigentlich wäre der Präsenztermin in Stuttgart gewesen. Da wären natürlich dann noch einige Stunden Reisezeit dazu gekommen, die ich online natürlich nicht hatte.

  Wenn du die Möglichkeit hättest, dir bei der nächsten Weiterbildung auszusuchen, ob die Präsenz vor Ort oder online stattfinden soll – was würdest du bevorzugen?

Ich würde es auch wieder online machen. Ich habe viele Vorteile gesehen, vor allem eine große Zeitersparnis, und der Lerneffekt ist aus meiner Sicht nicht schlechter. Die Möglichkeit sehe ich bei allen Themen, bei denen ich nicht unbedingt engen Kontakt brauche, wie jetzt dieses Managementthema.

Wenn es allerdings ein softes Thema wäre, also beispielsweise zu Kommunikation oder Persönlichkeitsentwicklung, bei dem ich stark mit dem Trainer oder anderen Teilnehmern interagieren muss, würde ich die echte Präsenz vor Ort wählen.

  Was sind deine größten Learnings aus dem Online-Blended-Learning, die du Trainern weitergeben möchtest?

Erstens, checkt vorher eure Technik! Und führt nicht zu viele neue Tools ein, bei denen sich die Teilnehmer extra noch anmelden müssen. Statt Miro-Board hätten wir auch einfach ein freigegebenes Dokument in Google Drive nutzen können, auf das alle direkt via Link Zugriff haben

Zweitens, achtet als Trainer auf euren Redeanteil! Es ist wichtig, dass ich mir als Trainer vorher bewusst mache, wie ich die Gruppe online auch aktiv halten kann. Ein Live-Online-Termin ist ähnlich wie ein Webinar, nur gegebenenfalls viel länger. Also bezieht auch online eure Teilnehmer gezielt mit ein, um ihre Aufmerksamkeit nicht zu verlieren.

Drittens, macht euren Teilnehmern klar, wie wichtig der Online-Kurs ist! Es gab in unserem Training einige wenige Teilnehmer, die den Vorbereitungskurs nicht gemacht hatten. Dadurch musste viel Theorie in der Online-Präsenz wiederholt werden. Das Commitment muss sein ‘Ihr MÜSST Euch vorbereiten, wir machen keine Wiederholung!’ Sonst bestrafst du als Trainer diejenigen, die sich ausgiebig vorbereitet haben und die Präsenzzeit wirklich praktisch nutzen wollen.

  Hat das Blended Learning mit Online-Präsenzteil genau so viel gekostet wie mit der eigentlich geplanten Präsenz?

Ja, und das finde ich auch sowohl aus Trainersicht als auch als Teilnehmer vollkommen in Ordnung! Immerhin habe ich mir Zeit und Kosten für die Anreise gespart, ebenso wie die Trainerin. Die Leistung, dass die Trainerin 8 Stunden mit uns gearbeitet hat, ist identisch. Viele Trainer denken ja, sie könnten für Onlineangebote nicht so viel Geld nehmen wie für Präsenzangebote, das ist meiner Meinung nach aber falsch. Solang die Qualität stimmt, und der Lerneffekt für die Teilnehmer, dürfen Trainer für Online-Trainings dasselbe Honorar ansetzen wie für klassische Präsenz!

  Danke Michael, für die spannenden Einblicke.


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