Failing Forward: Fehler als Lernmethodik im E-Learning

6 Min. Lesezeit
Mo, 16.09.2024

Mal ehrlich: Wer bricht schon in Jubelrufe aus, wenn ihm ein Patzer unterlaufen ist? Unser Ego kann Fehler zwar mehr oder weniger gut wegstecken, dennoch hinterlassen sie häufig einen schalen Beigeschmack. In diesem Artikel erläutern wir, wie du in Online-Kursen das Fehlermachen als motivierende und wirksame Lernmethode einsetzen kannst.

“Setzen - 6!”

Traditionell wird Scheitern oft als etwas Negatives betrachtet, als etwas, das es zu vermeiden gilt. In der Bildungswelt, insbesondere in der Schule, werden Fehler zumeist mit schlechten Noten und Versagen gleichgesetzt. Die moderne Pädagogik und besonders das E-Learning hinterfragen diese Denkweise: Fehler gelten zunehmend als wertvolle Lernwerkzeuge, die den Lernprozess bereichern und beschleunigen können. Der Ansatz des “Lernens durch Scheitern“ bzw. Failing Forward bietet die Möglichkeit, Fehler zu nutzen, um das Verständnis zu vertiefen und die Lernenden zu besseren Problemlösern zu machen.

Schauen wir uns einmal an, welche psychologischen und pädagogischen Vorteile das Failing Forward im Rahmen des E-Learning bietet, und wie Online-Kurse so aufgebaut und gestaltet werden können, dass sie das Potenzial von Fehlern voll ausschöpfen.

Mockup Tablet - Montage - Teilnehmer Social Media Kurs - Startbild Plattform kleiner

Möchtest du mehr über blink.it erfahren?

Vereinbare jetzt einen Termin für ein unverbindliches Erstgespräch. 
Einfach aufs Bild klicken!

Die Psychologie des Fehlermachens

Fehler sind ein natürlicher Teil des Lernens und aus neurologischer Sicht entscheidend für den Lernprozess. Jedes Mal, wenn wir einen Fehler machen, entstehen im Gehirn neuronale Verbindungen, die uns helfen, das Gelernte zu verbessern und zu festigen. Die sogenannten "Fehlerkorrekturschleifen" im Gehirn ermöglichen es uns, auf ähnliche Herausforderungen in der Zukunft besser zu reagieren.

Doch um Fehler wirklich als Lernwerkzeug zu nutzen, muss die Angst vor dem Scheitern abgebaut werden. Viele Lernende haben besonders in traditionellen Bildungssystemen Angst, Fehler zu machen, da sie als Misserfolg gewertet werden. Im E-Learning bieten sich jedoch innovative Möglichkeiten, diese Angst zu überwinden und eine positive Fehlerkultur zu etablieren.  

Vorteile des Failing Forward

1. Förderung von Resilienz und Anpassungsfähigkeit

Wenn Lernende ihre Fehler als Teil des Lernprozesses verstehen und akzeptieren, stärkt das ihre Resilienz: Sie werden befähigt, Rückschläge ohne dauerhafte Beeinträchtigung zu überwinden. Im digitalen Lernumfeld, wo der Fortschritt oft durch abzuschließende Lerneinheiten bzw. Kapitel oder durch das Erreichen von Kursstufen dargestellt wird, können Lernende ihre Fehler nutzen, um ihre Lösungsstrategien anzupassen und sich stetig zu verbessern.

2. Tieferes Verständnis durch Problemlösung

Fehler zwingen Lernende dazu, ihre bisherige Denkweise zu überdenken und alternative Lösungen zu finden. Dieser Prozess der kognitiven Umstrukturierung führt zu einem tieferen Verständnis des Lernthemas, da der Lernende nicht nur die “richtige Antwort“ kennt, sondern auch versteht, warum bestimmte Lösungsansätze nicht funktionieren.

3. Selbstgesteuertes Lernen und Eigenverantwortung

Zu den größten Vorteilen von Online-Kursen gehört, dass die Kursteilnehmer in ihrem eigenen Tempo lernen können. Dadurch haben sie die Freiheit, Experimente mit gestellten Aufgaben zu machen und ihre Fehler zu erkennen, ohne den Druck zu haben, sofort bewertet zu werden. Wenn sie im Kurs die Möglichkeit haben, ihre Fehler selbständig zu analysieren und daraus zu lernen, stärkt sich das Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten.

ChatGPT Nutze die KI zur Kurserstellung - Bild im Text 2

Wie du Fehler effektiv in Online-Kurse integrierst

Damit das Lernen durch Fehler effektiv funktioniert, müssen Online-Kurse entsprechend gestaltet werden. Wir haben hier ein paar Vorschläge, wie du das mit Hilfe deiner blink.it Lernplattform umsetzen kannst:

1. Fehlerfreundliche Aufgaben

Um Fehler als Lerninstrument zu nutzen, solltest du Aufgaben so gestalten, dass Lernende dazu ermutigt werden, Fehler zu machen und daraus zu lernen. Anstatt Aufgaben zu verwenden, die nur auf die „richtige“ Antwort abzielen, könnten deine Kursteilnehmer verschiedene Lösungswege ausprobieren. Der Lernprozess wird dadurch flexibler und die Lernenden haben die Freiheit, Fehler zu machen, ohne dass es negativ bewertet wird.

Vorschlag: Baue in deiner blink.it Lernplattform über die Optionen “Quiz” und “Prüfung” häufige Aufgaben ein, die deinen Kursteilnehmern als praktische Anwendung des Gelernten dienen. Bei den Einstellungen achtest du dann darauf, ihnen möglichst viel Freiheit bei den Antworten zu geben und auf Zeitlimits für die Beantwortung zu verzichten. Auf diese Weise ist es “nicht so schlimm”, wenn ihre erste Antwort falsch ist oder sie für die Lösung der Aufgabe etwas länger brauchen. 

2. Feedback zu falschen Antworten

Feedback spielt eine entscheidende Rolle beim Lernen durch Fehler. Anstatt die Kursteilnehmer lediglich wissen zu lassen, dass eine Antwort falsch ist, könntest du ihnen den Grund mitteilen und sie so auf die Spur der richtigen Lösung bringen. Durch gutes, konstruktives Fehler-Feedback können deine Kursteilnehmer ihre Fehler reflektieren und neu über die richtige Lösung nachdenken.

Vorschlag: Richte in deiner blink.it Lernplattform Multiple-Choice-Aufgaben so ein, dass der Kursteilnehmer bei jeder falschen Antwort einen Hinweistext sieht. Im Hinweistext erläuterst du, warum diese Antwort falsch ist, und du kannst sogar noch einen Tipp einfügen, der den Kurteilnehmer zur richtigen Antwort führt. Achte auch hier darauf, Zeitlimits für die Beantwortung auszuschalten und zuzulassen, dass die Bearbeitung der Aufgabe wiederholt werden darf.

3. Iterative Lernmethoden

Iterative Lernmethoden ermutigen die Kursteilnehmer, wiederholt an ähnlichen Problemen zu arbeiten und dabei aus ihren vorherigen Fehlern zu lernen. Mit jeder neuen Iteration wächst das Verständnis, und die Lernenden werden ermutigt, ihre Strategien anzupassen und ihre Fähigkeiten zu verbessern. Durch schrittweise Steigerung der Schwierigkeit werden die Lernenden gefordert, aus ihren früheren Fehlern zu lernen.

Vorschlag: Richte in deinem blink.it Kurs eine Serie von Übungsaufgaben ein, die jeweils auf den möglichen Fehlern der vorherigen Aufgabe aufbauen bzw. diese wieder aufgreifen. Auf diese Weise “hangelt” sich der Lernenden Aufgabe für Aufgabe mit steigender Schwierigkeit zu einem bestimmten “größeren” Aufgabenziel vor. Dabei tauchen falsche Lösungsansätze in abgewandelter Form mehrfach auf, damit der Lernende sie irgendwann bewusst erkennen und ausschließen kann.   

4. Sichere Lernumgebung

Eine entscheidende Voraussetzung dafür, dass Lernende ihre Fehler als Lernchance begreifen, ist das Gefühl von Sicherheit. Deine Kurs-Struktur sollte darauf abzielen, eine sichere Umgebung zu schaffen, in der Fehler für deine Teilnehmer keine negativen Konsequenzen haben, sondern als Teil des Lernprozesses anerkannt werden.

Vorschlag: In einem Hybrid oder Blended Learning-Kurs baust du gezielt Kursabschnitte ein, in denen jeder Kursteilnehmer ohne Zeitdruck für sich alleine lernt. Diese Kursabschnitte enthalten dann Übungsaufgaben, die die obigen Punkte 1 bis 3 berücksichtigen. Fehlermachen ist für viele Menschen deutlich einfacher zu verarbeiten, wenn sie dabei nicht dem Druck ausgesetzt sind, den die Anwesenheit anderer Menschen in einer Präsenzveranstaltung oder im Online-Meeting als “Zeugen ihres Versagens” auslösen kann.

5. Selbstreflexion fördern

Selbstreflexion ist ein wichtiger Bestandteil des Lernens durch Fehler. Indem die Teilnehmenden eines Online-Kurses ihre Fortschritte und Fehler dokumentieren und analysieren, können sie ihre Schwächen erkennen und daran arbeiten.

Vorschlag: Füge in deinem Kurs in deiner blink.it Lernplattform hinter den Aufgaben-Blinks jeweils einen Reflexion-Blink ein. Im Kommentarbereich dieses Blinks können sich die Kursteilnehmer untereinander sowie mit dir als Kursleiter über ihre gemachten Fehler bzw. Irrtümer austauschen.

Dies hat drei nützliche Effekte: Zum Einen nehmen die Teilnehmer ihre Fehler leichter, wenn sie merken, dass sie nicht die einzigen “Dummies” sind, und zum Anderen vertieft sich das Gelernte über den gemeinsamen Austausch zur gestellten Aufgabe. Zusätzlich erhältst du als Kursleiter nützliche Einblicke darüber, welche Aufgaben deinen Lernenden leichter bzw. schwerer fallen, was du wiederum für die Konzeption zukünftiger Kurse nutzen kannst. Es ist also eine Win-Win-Win-Situation. 

Lernen durch Scheitern - Bild im Text 2 (iStock)

Failing Forward als wertvolle Lernstrategie

Obwohl das Konzept des Lernens durch Fehler viele Vorteile bietet, gibt es auch Herausforderungen, die du bei der Umsetzung in deinen Online-Kursen berücksichtigen solltest:

  • Motivation und Frustration

    Fehler können frustrierend sein, insbesondere wenn sie wiederholt auftreten. Lernende müssen motiviert werden, weiterzumachen, auch wenn sie Rückschläge erleben. Hier ist es wichtig, dass du im Kurs an solchen Stellen, wo Fehler auftreten können, für positive Verstärkung sorgst (z. B. über die Hinweistexte zu den falschen Antworten) und Fehler als natürliche und notwendige Schritte zum Erfolg darstellst (z.B. über ein Video, in dem du deinen Teilnehmer das Failing Forward erläuterst).
     
  • Zeitaufwand und Geduld

    Lernen durch Scheitern kann zeitintensiv sein, da es oft mehrere Anläufe erfordert, um ein tiefes Verständnis für den Lerninhalt zu entwickeln. Die Lernenden müssen also ein gewisses Maß an Geduld aufbringen und sich bewusst sein, dass ihre Fortschritte nicht immer sofort sichtbar sind. Auch dies kannst du deinen Kursteilnehmern z. B. durch ein Video über deine Failing-Forward-Lernmethode zu Beginn deines Kurses erläutern. 

Das E-Learning bietet ideale Voraussetzungen, um Fehler als Lernstrategie effektiv zu nutzen. Durch eine fehlerfreundliche Lernumgebung, iteratives Feedback und die Förderung von Selbstreflexion verwandeln deine Kursteilnehmer ihre Fehler in wertvolle Lernmomente.

Die Methode des Failing Forward stärkt nicht nur die Problemlösungsfähigkeiten deiner Kursteilnehmer, sondern auch ihren positiven Umgang mit dem Scheitern sowie ihr tieferes Verständnis deiner Lerninhalte. Langfristig trägt dieser Ansatz dazu bei, dass deine Teilnehmer nicht nur durch den Lernstoff deines Kurses fachliche Kompetenz erlangen, sondern auch lernen, wie sie selbstbewusster und eigenverantwortlicher neues Wissen erwerben.

Wir hoffen, dass wir dir mit diesem Artikel ein paar nützliche Impulse geben konnten, und wünschen dir viel Erfolg mit der Failing Forward Lernmethode!

alle Geräte blauer HG-2

Die blink.it Lernplattform - optimiert auf einfache Bedienung und hohe Funktionalität.

Einfach aufs Bild klicken und jetzt KOSTENLOS testen!

E-Mail Benachrichtigung erhalten