Neurodidaktik: So erstellst du “gehirngerechte” Online-Kurse
Schon klar: Die Hauptrolle beim Lernen spielt das Gehirn. Aus der Frage, wie unser Oberstübchen dabei genau funktioniert, hat sich die Wissenschaft der Neurodidaktik entwickelt. In diesem Artikel beschäftigen wir uns damit, wie du dir die Erkenntnisse der Neurodidaktik bei der Erstellung schlau machender Online-Kurse zunutze machen kannst.
Ganz was Neues
Neurodidaktik ist ein relativ junges Forschungsfeld, das sich an der Schnittstelle zwischen Neurowissenschaften, Psychologie und Pädagogik bewegt. Ihr Ziel ist es, Lernprozesse so zu gestalten, dass sie den natürlichen Funktionsweisen unseres Gehirns optimal entsprechen. Das ist eine prima Sache, denn wenn du als Kursersteller bzw. -autor diese Prozesse kennst, kannst du sie beim Konzipieren deiner Kurse und Lerninhalte einsetzen und so den Lernerfolg deiner Kursteilnehmer nachhaltig steigern.
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So funktioniert Lernen im Gehirn
Lernen ist ein hochkomplexer Prozess, der tief in den Strukturen unseres Gehirns verankert ist. Natürlich ist das Ganze furchtbar kompliziert und du hast sicherlich keine Zeit, um mal eben fünf Jahre lang Neurologie zu studieren, aber es hilft sehr, die grundlegenden biochemischen Prozesse im Gehirn zu verstehen, denn sie bestimmen darüber, wie wir Informationen aufnehmen, verarbeiten, speichern und abrufen. Wir machen das hier mal im Schnelldurchlauf:
Die neuronale Basis des Lernens: Synapsen und Neuroplastizität
Im Zentrum des Lernens stehen die Neuronen, also die Nervenzellen des Gehirns. Das menschliche Gehirn besteht aus etwa 86 Milliarden Neuronen, die über ein dichtes Netzwerk von Synapsen miteinander verbunden sind. Synapsen sind die Kontaktstellen zwischen den Neuronen, an denen Informationen in Form von elektrischen Signalen und chemischen Botenstoffen (Neurotransmitter) übertragen werden. “Die Synapsen feuern” - diese Formulierung hast du sicherlich schon mal gehört.
Neuroplastizität beschreibt die Fähigkeit des Gehirns, seine Struktur und Funktion im Laufe des Lebens zu verändern. Wenn wir etwas Neues lernen, werden neue synaptische Verbindungen gebildet oder bestehende Verbindungen gestärkt. Wiederholtes Üben oder intensives Lernen führt dazu, dass bestimmte synaptische Verbindungen stärker und stabiler werden, was das Abrufen der Informationen erleichtert.
Nehmen wir hier als Beispiel das Lernen eines Musikinstruments: Am Anfang ist es schwierig, die richtigen Tasten auf einem Klavier zu treffen, aber mit der Zeit und regelmäßiger Übung wird das Spielen flüssiger. Das liegt einfach daran, dass die entsprechenden neuronalen Verbindungen im Gehirn durch die ständige Wiederholung gestärkt wurden.
Speicherung von Informationen: Kurzzeit- und Langzeitgedächtnis
Die Speicherung von Informationen im Gehirn erfolgt in verschiedenen Phasen, die grob in Kurzzeitgedächtnis und Langzeitgedächtnis unterteilt werden können:
- Informationen, die wir gerade erst aufgenommen haben, werden zunächst im Kurzzeitgedächtnis gespeichert. Dieser Speicher ist jedoch begrenzt, sowohl in seiner Kapazität als auch in der Dauer, wie lange die Informationen dort gehalten werden können (in der Regel einige Sekunden bis Minuten). Ohne Wiederholung oder tiefergehende Verarbeitung sind diese Informationen schnell wieder vergessen.
- Um Informationen dauerhaft zu behalten, müssen sie ins Langzeitgedächtnis überführt werden. Dies geschieht durch Konsolidierung, bei der die neuronalen Verbindungen, die mit einer bestimmten Information verbunden sind, gestärkt und stabilisiert werden. Konsolidierung findet vor allem während des Schlafes statt, weshalb ausreichender Schlaf essenziell für effektives Lernen ist.
Die 4 neurodidaktischen Prinzipien beim Lernprozess
1. Aufmerksamkeit: Der Türsteher beim Lernen
Aufmerksamkeit spielt eine zentrale Rolle im Lernprozess. Das Gehirn wird ständig mit einer Flut von Informationen konfrontiert, die über die Sinne aufgenommen werden. Um nicht überfordert zu werden, filtert der präfrontale Kortex unseres Gehirns diese Informationen und entscheidet, welche davon wichtig genug sind, um bewusst wahrgenommen und verarbeitet zu werden. Was im Filter als “relevant und interessant” hängenbleibt, erhält Vorrang vor dem überflüssigen Zeug und wird zur Verarbeitung in andere Teile des Gehirns weitergeleitet.
Aufmerksamkeit ist begrenzt: Ablenkungen, Stress oder Müdigkeit beeinträchtigen unsere Aufmerksamkeit und erschweren das Lernen. Darum sollten z.B. Online-Kurse so gestaltet werden, dass sie die Aufmerksamkeit der Lernenden gezielt lenken und Ablenkungen vermeiden.
2. Emotionen: Der Einfluss unserer Stimmung
Emotionen bzw. unsere Gefühlslage beim Lernen spielen eine aktive Rolle darin, wie gut und wie lange Informationen im Gedächtnis gespeichert werden. Hierbei arbeiten zwei Teile unseres Gehirns zusammen, von denen einer (der limbische Kortex) für die emotionale Verarbeitung des Gelernten zuständig ist, und der andere (der Hippocampus) regelt, ob das Gelernte im Langzeitgedächtnis landet:
Positive Emotionen, wie Freude oder Interesse, wirken sich förderlich auf das Lernen aus. Sie sorgen dafür, dass Informationen tiefer verarbeitet und besser im Gedächtnis verankert werden. Dies erklärt, warum wir uns besonders gut an Erlebnisse erinnern, die mit starken positiven Emotionen verbunden sind, wie z.B. der erste Schultag oder der Abschluss einer wichtigen Prüfung.
Negative Emotionen, wie Stress oder Angst, können hingegen den Lernprozess blockieren. In Stressituationen schüttet der Körper das Hormon Cortisol aus, das die Bildung von Langzeiterinnerungen erschwert.
Die Prozesse unseres Gehirns zeigen also ganz deutlich: Lernen funktioniert am besten in einer emotional positiven Umgebung, die Motivation und Interesse fördert.
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3. Gedächtnis: Das Gelernte abrufen können
Das Gedächtnis bzw. der Abruf von Informationen ist der Prozess, bei dem gespeicherte Informationen wieder ins Bewusstsein geholt werden. Entscheidend sind hier Stärke und Anzahl der neuronalen Verbindungen, die mit der Information verknüpft sind: Je öfter eine Information wiederholt oder angewendet wird, desto leichter und schneller kann sie abgerufen werden.
Im Gehirn funktioniert das so: Jedes Mal, wenn wir uns an etwas erinnern, fließt diese Information erneut durch das neuronale Netzwerk und stärkt dabei die Verbindungen. Diesen Vorgang kann man sich wie einen Trampelpfad im Wald vorstellen: Je öfter jemand diesen Weg entlang geht, desto fester, breiter und gerader wird er (und irgendwann könnte eine Straße daraus werden). Regelmäßiges Abrufen und Wiederholen von Informationen (bzw. Wissen) führt also dazu, dass sie langfristig im Gedächtnis verankert werden.
4. Vorwissen: Der Direktanschluss für neue Informationen
Unser fabelhaftes Gehirn speichert nicht nur einzelne, isolierte Informationen, sondern organisiert sie in komplexen Netzwerken, die miteinander verbunden sind. Diese Netzwerke basieren auf Vorwissen, also Informationen und Erfahrungen, die wir bereits gesammelt und gespeichert haben. Neues Wissen wird oft mit diesem Vorwissen verknüpft, was das Lernen erleichtert.
Zum Beispiel: Wenn du bereits weißt, wie ein Verb im Englischen konjugiert wird, fällt es dir leichter, neue Verben zu lernen, weil du sie in ein bereits bestehendes Wissensnetzwerk einordnen kannst. Ohne dieses Vorwissen fängst du mit dem Lernen des Verbs bei Null an und brauchst für das Abspeichern vermutlich deutlich länger.
So wendest du die 4 Prinzipien bei der Kurserstellung an
1. Steuere die Aufmerksamkeit
Aufmerksamkeit ist entscheidend für erfolgreiches Lernen und muss besonders dann im Griff behalten werden, wenn in einer digitalen Umgebung eine Sturzflut an Ablenkungen auf uns niederprasselt. Darum gilt: Gestalte die Lerninhalte deiner Online-Kurse klar strukturiert und visuell ansprechend. Durch knackig kurze Lerneinheiten hilfst du deinen Kursteilnehmern, die kognitive Reizüberflutung auszuklammern und den Fokus auf dem Lernthema zu halten:
- Multimediale Elemente wie Videos und interaktive Aufgaben steigern das Interesse, müssen aber wohl durchdacht eingesetzt werden, um eine Überladung zu vermeiden.
- Quizze und Wissensabfragen an strategischen Punkten im Kurs fordern den Lernenden auf, aktiv dabei zu bleiben.
- Personalisierte Inhalte, die auf die Interessen und den Wissensstand der Lernenden zugeschnitten sind, erhöhen die Bereitschaft, sich auf den Lernstoff zu konzentrieren.
Durch diese Maßnahmen wird die Aufmerksamkeit effektiv auf die wesentlichen Inhalte gelenkt, was das Lernen nachhaltiger macht, und deine Kursteilnehmer bleiben am Ball.
2. Fördere positive Emotionen
Emotionen spielen eine zentrale Rolle im Lernprozess, weil sie die Motivation und das Erinnerungsvermögen stark beeinflussen. Gute Gefühle wie Freude und Interesse fördern die Aufnahme und Speicherung von Informationen. Mach dir das zunutze, indem du bei deinen Kursteilnehmern Wohlfühlmomente auslöst:
- Baue in deinen Lerninhalten ansprechende Geschichten und reale Beispiele ein, mit denen die meisten Menschen positive Emotionen verbinden.
- Sprich deine Kursteilnehmer persönlich an, und nimm Bezug auf ihren Background (soweit er dir bekannt ist).
- Unterhalte die Kursteilnehmer mit Quizzen und motiviere sie mit Belohnungen zum Weitermachen. Durch ansprechende Bilder oder angenehme Hintergrundmusik in deinen Videos intensiviert du das emotionale Erleben.
- Humor ist immer ein guter Weg, um deine Lernenden positiv an dich als Kursleiter, an das Kursthema und an den Lernprozess selbst zu binden. Freude und Lachen hält die Aufmerksamkeit!
- Vermeide stressauslösende Elemente in deinen Lerninhalten, da negative Emotionen, wie sie z.B. durch bestimmte Fotos entstehen können, die Lernwilligkeit blockieren.
Durch das gezielte Ansprechen von positiven Gefühlen wird das Lernen nicht nur effektiver, sondern auch angenehmer und nachhaltiger.
3. Verankere das Gelernte im Gedächtnis
Wiederholung ist essenziell, um Wissen langfristig zu verankern. Regelmäßiges Wiederholen stärkt die neuronalen Verbindungen im Gehirn und erleichtert den Abruf von Informationen:
- Baue in deine Kurse Wiederholungen durch Quizze, Zusammenfassungen oder Übungsaufgaben gezielt ein, um das Gelernte zu festigen.
- Spaced Repetition, also das zeitlich gestaffelte Wiederholen von Inhalten, hat sich als besonders effektiv erwiesen. Dabei werden Inhalte in immer größeren Abständen wiederholt, um sie im Langzeitgedächtnis zu verankern.
Durch diese Methoden wird nicht nur das Verständnis gefördert, sondern auch die langfristige Behaltensleistung deutlich verbessert.
4. Unterstütze die Verknüpfung mit Vorwissen
Das Anknüpfen an bestehendes Wissen erleichtert das Lernen erheblich, weil das Gehirn neue Informationen besser speichert, wenn sie mit bereits bekannten Konzepten verknüpft werden:
- Beginne deine E-Learning-Lektionen mit Aktivierungsfragen oder Einstiegsaufgaben, die das Vorwissen der Lernenden abrufen und in den neuen Lernkontext einbinden.
- Beispiele und Szenarien, die an reale Erfahrungen deiner Lernenden anknüpfen, machen den neuen Stoff greifbarer.
Durch die bewusste Unterstützung dieser Verknüpfungen wird der Lernstoff nicht nur leichter verstanden, sondern auch länger im Gedächtnis behalten.
Eine junge Wissenschaft mit hohem Potenzial
Trotz der vielversprechenden Ansätze steht die Neurodidaktik vor einigen Herausforderungen: Die individuellen Unterschiede in der Informationsverarbeitung von Menschen sind groß, und was für den einen Lernenden funktioniert, muss nicht zwangsläufig für den anderen gelten. Außerdem ist die Forschung in diesem Bereich noch jung, und viele neurodidaktische Konzepte sind noch nicht ausreichend empirisch untermauert.
Trotzdem bieten die Erkenntnisse aus der Neurodidaktik ein enormes Potenzial, um E-Learnings effektiver und ansprechender zu gestalten. Besonders in einer Zeit, in der digitales Lernen zunehmend an Bedeutung gewinnt, können neurodidaktische Prinzipien dazu beitragen, Lernangebote zu entwickeln, die nicht nur Wissen vermitteln, sondern auch das Gehirn optimal unterstützen.
Neurodidaktik im E-Learning erklärt uns, wie wir Lernprozesse gehirngerecht und damit effektiver gestalten. Indem du die Aufmerksamkeit deiner Kursteilnehmer gezielt steuerst, sie emotional ansprichst, Wiederholungen forcierst und deine Lerninhalte mit ihrem Vorwissen verknüpfst, verbesserst du dein digitales Lernangebot erheblich. Deine Lernenden nehmen begeistert an deinen Kursen teil und kommen gerne immer wieder.
Wir hoffen, dass dir dieser Artikel gefallen hat, und wünschen dir viel Erfolg beim Erstellen von neurodidaktisch ausgeklügelten E-Learnings!
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